Die Bundesliga veröffentlicht gegen den Willen des Meisters finanzielle Kennzahlen aller Clubs. Aus München folgt ein derber Konter. Bei Alba ist man erstaunt.
Von vorweihnachtlicher Harmonie kann im deutschen Basketball keine Rede sein. In der Bundesliga, immerhin die Spielklasse des Welt- und Europameisters, tobt unmittelbar vor den Feiertagen ein Zwist über einen Bericht zu den Finanzzahlen der 18 Vereine. Meister FC Bayern, mit einem rund viermal so hohen Etat wie Alba, wollte die Veröffentlichung verhindern - und schaltet nun verbal in den Angriffsmodus, nachdem dies nicht gelungen ist.
Der scheidende Bayern-Geschäftsführer und frühere Alba-Profi Marko Pesic übte kurz vor seinem Abschied harsche Kritik an der Liga. "Der Basketball in diesem Land erlebt ein historisches Momentum. Umso auffälliger ist, dass auf Liga-Ebene keine erkennbare Gesamtstrategie existiert, wie dieses Momentum genutzt werden soll, um den Sport nachhaltig zu entwickeln", schrieb Pesic beim beruflichen Netzwerk Linkedin.
BBL-Strategie von 2022
In der BBL hat nach wie vor die im Herbst 2022 verabschiedete Zehnjahres-Strategie "Triple Double" Gültigkeit, nach der bis 2032 unter anderem die Hallenkapazitäten und Mindestetats erhöht werden sollen.
Kritik an Pesic gab es von Alba Berlins Geschäftsführer Marco Baldi, der auch im Präsidium der BBL sitzt. "Man kann jetzt natürlich vom hohen Ross irgendwelche Dinge beurteilen und in den Senkel stellen. Oder man kann eben mitwirken", sagte Baldi und monierte, dass Pesic sich in der Vergangenheit nicht eingebracht habe. "In den letzten Jahren war Marko Pesic bei keinem dieser BBL-Meetings, wo die ganzen BBL-Geschäftsführer sich treffen und genau diese Dinge besprechen und dann auch diskutieren und verabschieden."
Der 63-Jährige zeigte sich auch erstaunt über den Zeitpunkt, "dass da gerade jetzt die Kritik kommt und nicht zum Beispiel zu dem Zeitpunkt, als die Strategie verabschiedet beziehungsweise veröffentlicht wurde."
BBL-Geschäftsführer Stefan Holz reagierte mit Unverständnis auf die harschen Töne des Branchenprimus. "Es ist ein freies Land. Jeder kann seine Meinung äußern. Gleichwohl geht Marko mit seinen Aussagen die BBL, das komplette Präsidium und damit alle 17 Clubs frontal an", sagte Holz der dpa. "Ich verstehe das nicht. Ich kann es auch inhaltlich nicht nachvollziehen, was er meint. Er hat herausragende Expertise - es würde mich freuen, wenn er das konstruktiv und in Form von konkreten Vorschlägen einbringt und nicht auf diesem Wege."
Debatten um Final Four im Pokal
Es ist in diesen Wochen nicht das erste Mal, dass die Bundesliga abseits des sportlichen Wettbewerbs Schlagzeilen macht. Schon die überraschende Wende bei der Vergabe des Top-Four-Turniers im Pokal hatte für Aufsehen und Verärgerung gesorgt. Die BBL hatte eigentlich angekündigt, das Turnier von 2027 bis 2029 in Düsseldorf auszutragen - und schwenkte dann auf München um.
Die zuständige Eventmanagement-Firma D.LIVE hatte der Liga im Oktober "öffentlich angekündigten Vertragsbruch" vorgeworfen und nannte das Verhalten "ein im deutschen Profisport beispiellos unprofessionelles Vorgehen". Inhaltlich scheinen sich die Partien inzwischen geeinigt zu haben, schließlich verkündete die Bundesliga in dieser Woche den Beschluss pro München. 2026, 2027 und 2028 wird der Pokalsieger im neuen SAP-Garden ermittelt. Über die Inhalte des Vergleichs zwischen der Liga und D.LIVE haben beide Seiten Stillschweigen vereinbart.
Das besänftigte Manager Pesic aber offenbar nicht - stattdessen griff er die Liga frontal an. Sein Linkedin-Post war nur kurze Zeit nach der Veröffentlichung der Finanz-Kennzahlen, die die BBL am Donnerstag zum zweiten Mal überhaupt verschickt hatte, gefolgt.
Über 35 Millionen mehr Budget als Platz zwei
Diese weisen den FC Bayern, den Pesic zum Ende des Jahres nach knapp 15 Jahren als Geschäftsführer verlässt, mit einem planmäßigen Budget von 48,4 Millionen Euro als klaren Krösus in der aktuellen Saison aus.
Mit gewaltigem Abstand dahinter folgen der langjährige Rivale Alba Berlin (11,4 Millionen) und Ratiopharm Ulm (9,2 Millionen). Auch bei den Personalkosten überragt das Ensemble von Ex-Bundestrainer Gordon Herbert mit rund 18 Millionen Euro alle Widersacher mit großem Abstand.
"Diese Zahlen wurden trotz klarer Vorbehalte einzelner Clubs öffentlich gemacht", merkte Pesic an. Dabei sei es ausschließlich darum gegangen, "vergleichbare Schlagzeilen zu ermöglichen", befand der Funktionär. "Das Ergebnis ist keine Aufklärung, sondern Verkürzung, Polarisierung und Spaltung, mit vorhersehbarer Wirkung auf Medien und Fans."
Baldi sieht das anders, auch wenn er die Kritik legitim findet. "Aber am Ende geht es nicht darum, irgendwelche Zahlen durch die Gegend zu schmeißen, sondern es geht einfach darum: Wir wissen, dass da ein Interesse dahintersteckt. Wir arbeiten hart dafür, dass jährlich die Budgets wachsen. Und orientieren uns natürlich auch an anderen Clubs, auch an anderen Ligen. Das ist eine Größe", sagte er und verwies darauf, dass die Veröffentlichung nach einem langen Diskussionsprozess mit großer Mehrheit angenommen worden sei.
BBL-Chef: Clubs fordern Transparenz ein
BBL-Geschäftsführer Stefan Holz hatte zuvor die Veröffentlichung der Kennzahlen unter anderem damit begründet, dass die Clubs dieses hohe Maß an Transparenz aktiv einforderten. "Schließlich wollen sie sich mit ihren unmittelbaren Wettbewerbern nicht nur auf dem Spielfeld messen, sondern auch in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung", fügte Holz an.
Bayern-Boss Pesic blickt anders auf den Bericht. Aus seiner Sicht habe die Liga "kein Interesse an Strukturen, Strategien oder langfristigen Investitionen", monierte der frühere Nationalspieler. Sein Rat an die Liga-Führung um Geschäftsführer Holz lautet: "Weniger Erzählung, mehr Substanz. Weniger Pseudo-PR, mehr Inhalt." Er verlange "endlich eine Strategie, die der sportlichen Entwicklung dieses Landes gerecht wird".
