Strafvollzug: Ministerin: Ersatzfreiheitsstrafen bleiben unverzichtbar

Published 2 hours ago
Source: stern.de
Strafvollzug: Ministerin: Ersatzfreiheitsstrafen bleiben unverzichtbar

Nur noch halb so lange ins Gefängnis, aber weiter Konsequenzen: Was hinter den verkürzten Ersatzfreiheitsstrafen steckt – und warum Justizministerin Meißner bei Bagatelldelikten hart bleiben will.

  Nach der Reform der Ersatzfreiheitsstrafe in Deutschland hat sich Thüringens Justizministerin Beate Meißner gegen weitere Lockerungen ausgesprochen. Straftaten müssten verlässlich sanktioniert werden, um Sicherheit, Ordnung und Vertrauen in staatliche Institutionen zu gewährleisten, sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. "Weitere Aufweichungen bei den Ersatzfreiheitsstrafen können zu einer schleichenden Entwertung des Rechtsstaats führen." 

Im vergangenen Jahr wurde die Dauer der sogenannten Ersatzfreiheitsstrafen halbiert. Seitdem müssen Menschen, die eine Geldstrafe nicht bezahlen können oder wollen, nicht mehr so lange ins Gefängnis wie zuvor. Damit entsprechen nun zwei Tagessätze Geldstrafe einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe, anstatt wie zuvor eins zu eins. Die Reform zielte unter anderem auf eine Reduzierung der Gefängnisbelegung und eine Entlastung der Landeshaushalte.

Zwischen Entlastung und Abschreckung

Die häufigsten Anlässe sind Bagatelldelikte wie Schwarzfahren oder Ladendiebstähle. Im vergangenen Jahr wurden in den Thüringer Gefängnissen nach Ministeriumsangaben 1.205 Ersatzfreiheitsstrafen verbüßt. Bis Mitte November dieses Jahres seien 1.059 Ersatzfreiheitsstrafen vollstreckt worden. Ende November saßen dem Ministerium zufolge rund 60 Menschen wegen einer Ersatzfreiheitsstrafe ein - das waren rund fünf Prozent aller Inhaftierten. Ein Jahr zuvor waren es etwa sieben Prozent. 

Dabei sei jedoch zu beachten, dass Ersatzfreiheitsstrafen bei Aufnahme und Entlassung über das Jahr gesehen mehr Aufwand verursachten, weil die jeweiligen Vollzugsdauern relativ kurz seien.

"Wer eine Strafe erhält, muss auch damit rechnen, dass sie vollstreckt wird", betonte Meißner. Es könne nicht sein, dass wiederholt begangene und teils bewusste Straftaten am Ende ohne echte Konsequenz blieben. Gerade Wiederholungstäter dürften den Rechtsstaat nicht als zahnlos wahrnehmen. Ersatzfreiheitsstrafen seien dabei ein unverzichtbares Instrument. Die Ministerin wandte sich damit zugleich gegen eine Entkriminalisierung bestimmter Delikte wie des Schwarzfahrens. Es wäre zu erwarten, dass es dann zu einem Anstieg von Fällen käme, bei denen Personen den steuer-subventionierten öffentlichen Nah- und Fernverkehr ohne Ticket nutzten. Dies gelte es, zu vermeiden. 

Hilfsangebote mit begrenzter Reichweite

Meißner verwies auf Angebote zur Vermeidung einer Ersatzfreiheitsstrafe. Dazu gehörten etwa eine Ratenzahlung der Geldstrafe oder - zumindest zeitweise - eine Stundung zu erreichen. Zudem besteht die Möglichkeit, die Vollstreckung durch Ableistung gemeinnütziger Arbeit abzuwenden. Jedoch sei die Effektivität dieser Angebote begrenzt, da nicht alle Betroffenen diese nutzten. Häufig behinderten multikausale Problemlagen - insbesondere Verschuldung und Drogenprobleme - eine breite Wirkung, so Meißner.

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