Die Weltlage sorgt bei "Caren Miosga" für Nachdenklichkeit. Die Runde diskutiert die Zukunft der europäischen Sicherheit, die Nato und die neue Sicherheitsstrategie der USA.
In Berlin-Mitte verhandeln die USA, die Ukraine und andere europäische Staaten, wie man den russischen Angriffskrieg beenden kann. In Berlin-Adlershof versucht Caren Miosga, das einzuordnen.
Denn: In den letzten Wochen ist die Welt mal wieder aus den Fugen geraten. Die USA haben eine neue Nationale Sicherheitsstrategie herausgegeben, die die europäischen Staaten aufschrecken lässt. In ihr prangert die US-Regierung unter anderem eine angebliche "Zensur der Meinungsfreiheit und Unterdrückung der politischen Opposition" in Europa an. Dazu haben am Sonntag in Berlin Verhandlungen um das Schicksal der Ukraine und einen möglichen Frieden in dem überfallenen Land begonnen.
Grund genug für Miosga, über die internationale Lage zu sprechen. Ihre Gäste: Der Senior Fellow der Münchner Sicherheitskonferenz, Nico Lange, die Journalistin Annett Meiritz und der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sollen die Situation analysieren.
"Die Methode Daddy ist ans Ende gekommen"
Der Grundtenor der Sendung: Die USA sind kein verlässlicher Partner mehr für Deutschland – unter Donald Trump sogar eher ein Feind der deutschen Demokratie. Das ist eine "zweite Zeitenwende", so Röttgen. Amerika werde seine alte Rolle nicht mehr ausüben können – selbst wenn Donald Trump in drei Jahren nicht wiedergewählt wird. "Das ist eine neue Ära."
Zweite Zeitenwende, neue Ära. Entsprechend ist auch die Atmosphäre im Studio zwischen Nachdenklichkeit und Totengräberstimmung. Die Runde spricht leise, bedacht, in langen Sätzen, die oft druckfertig – und damit wie im Vorhinein überlegt – klingen. Man nimmt allen vieren ab, dass sie der Meinung sind, eine Weltordnung gehe zu Grunde.
Lange prangert an, dass Deutschland sich lange ausgeruht, weiter versucht hat, europäische Sicherheit an Trump auszulagern. "Die Methode Daddy ist ans Ende gekommen." Er spielt damit auf den Nato-Generalsekretär Mark Rutte an, der den US-Präsidenten im Juni als "Daddy" bezeichnet hat.
Europa müsse nun eine Botschaft der Abschreckung nach Moskau schicken, um es davon abzuhalten, Europa anzugreifen. "Tu das nicht, es wird dir schlecht ergehen – Tu das nicht, wir produzieren mehr als du." Wenn Europa ernst genommen werden wolle, müsse es jetzt handeln.
"Entweder ihr spielt nach unseren Regeln, oder ihr seid nicht mehr unser Partner"
Röttgen will nicht ganz so pessimistisch sein. Miosga fragt ihn, warum Europa keine eigene Vision habe. "Da reden sie uns zu klein." Der deutsche Verteidigungsetat würde massiv steigen, auf bis zu 150 Milliarden Euro aufwachsen. Und auch die Bundesregierung hat, so Röttgen, den Ernst der Lage verstanden. Die Rede von Friedrich Merz auf dem CSU-Parteitag, auf dem er von einer "geradezu tektonischen Verschiebung" der Machtzentren der Welt sprach, sei "an Klarheit nicht zu überbieten." Im amerikanischen Kongress gebe es immer noch eine große Mehrheit für die Nato und die Unterstützung Europas.
Meiritz warnt: Im Außen- und Verteidigungsministerium werden gerade in den USA viel Personal ausgetauscht. Und Miosga, die lenkt den Blick auf das Thema auf die Vernetzung der US-Regierung mit der europäischen Rechten und fragt: "Was ist das Ziel der Vernetzung der neuen Rechten?"
Die Journalistin hat zwei Antworten: Einmal sei ein Ziel knallharte Realpolitik, etwa bei Tech-Regulierung oder der Handels- und Wirtschaftspolitik. Andererseits gehe es auch um eine Einmischung in die europäische Innenpolitik in den Themen der Migration, des Kulturkampfes. Die US-Regierung sagt, so Meiritz: "Entweder ihr spielt nach unseren Regeln, oder ihr seid nicht mehr unser Partner."
Talkrunde bei "Caren Miosga" oft einig
Diese Sendung krankt teilweise an den gleichen Problemen, die sie der europäischen Politik vorwirft. Die Lage ist alarmierend, unübersichtlich – und jetzt? Was bedeutet das für Deutschland, für Merz, für den Zuschauer? Das ist ein allgemeines Problem: Wie will man etwas einordnen, das noch im Fluss ist? Das ist kein Fehler von Miosga, sondern einer der Weltlage.
Nur eines stört am Format: Die Runde ist sich oft einig. Das hat vermutlich einen Grund. Meiritz ist der einzige wahrlich parteilose Gast in der Sendung. Röttgen ist in der CDU, Lange hat jahrelang für die Christdemokraten und die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung gearbeitet. Beide haben unbestrittene Expertise, auch Meinungsverschiedenheiten: Ein "Advocatus Diaboli" hätte der Sendung gutgetan.
