Nach vierjährige Sperrung rollt der Verkehr wieder über die Rahmedetalbrücke im Sauerland. Die Region atmet auf - und der Bundeskanzler spricht von einem Vorbild-Projekt.
Autobahnfreigabe - das klingt langweilig, aber für viele Menschen im Sauerland war es wie ein kleines Volksfest: Entlang der Strecke jubelten sie den ersten Autos zu, die vier Jahre nach der plötzlichen Sperrung wieder auf der A45 über die Rahmedetalbrücke fuhren.
Die Region könne nun aufatmen, sagte Lüdenscheids Bürgermeister Sebastian Wagemeyer (SPD). Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sieht in der Rahmedetalbrücke ein Vorbild für die Sanierung der restlichen rund 4.000 maroden Autobahnbrücken in Deutschland. "Deutschland kann Infrastruktur", sagte Merz.
Für ein Verkehrsprojekt in Deutschland ist der Neubau des ersten Teils der A45-Brücke tatsächlich in rekordverdächtiger Zeit gelungen. Normalerweise dauere so etwas mindestens acht oder zehn Jahre, sagte Merz. Aber damit dürfe man sich nicht zufriedengeben. "Das, was hier beim Ersatzneubau der Talbrücke Ramedetal noch eine Ausnahme war, das soll in Zukunft der Normalfall in Deutschland werden", betonte der Bundeskanzler.
"Vorbild für künftige Bauprojekte im Land"
Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) nannte als Schlüssel zum Erfolg eine reibungslose Zusammenarbeit der Behörden, ein neues Planungsverfahren und innovative Baumethoden an der Rahmedetalbrücke. "Diese Erfahrung können wir nutzen als Vorbild für viele weitere Projekte, die vor uns stehen. Sie ist ein Vorbild für künftige Bauprojekte im ganzen Land", sagte er.
An diesem Versprechen müsse sich der für die Autobahnen zuständige Bund jetzt auch messen lassen, verlangte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). "Unser Staat funktioniert besser, wenn alle Verantwortlichen fokussiert und lösungsorientiert zusammenarbeiten", sagte er. "Der neue Maßstab für die Umsetzungsgeschwindigkeit in Deutschland heißt Rahmede." Davon werde NRW mit seinen staugeplagten Verkehrswegen und einer Vielzahl anstehender Sanierungsprojekte besonders profitieren.
1,5 Milliarden Schaden für die Wirtschaft im Sauerland
Als die A45-Brücke im Dezember 2021 von jetzt auf gleich wegen Einsturzgefahr gesperrt werden musste, war das ein Schock für die Menschen und die Wirtschaft in der Region. 20.000 Autos und Lastwagen quälten sich Tag für Tag über kleine Umgehungsstraßen mitten durch Orte und Wohnsiedlungen - Lärm, Abgase und Staus inklusive.
Die Wirtschaft beklagte Probleme mit Lieferketten, Unternehmen berichteten von zweistelligen Umsatzrückgängen. Das Institut der Deutschen Wirtschaft beziffert den Schaden für Betriebe in der Region auf rund 1,5 Milliarden Euro.
Krischer: "Die Gefahr weiterer Sperrungen ist real"
Die Sanierung maroder Brücken wird vor allem in Nordrhein-Westfalen noch lange ein Thema bleiben. Laut ADAC sind 30 Prozent der mehr als 6.000 Autobahnbrücken in NRW sanierungsbedürftig. Besonders im Fokus stehen in Nordrhein-Westfalen im Moment die Nordbahnbrücke an der A565 in Bonn und die Wiehltalbrücke auf der A4 zwischen Olpe und Köln.
"Die Gefahr weiterer Sperrungen ist real, deshalb haben wir an den Bund appelliert, dass er seine Autobahnbrücken besser schützen und dem Erhalt endlich die notwendige Priorität einräumen muss", sagte NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne). Derzeit habe der Bund bei der Sanierung alter Autobahnbrücken noch nicht das erforderliche Tempo erreicht.
Arbeiten an Rahmedetalbrücke gehen noch weiter
Auch an der Rahmedetalbrücke sind die Arbeiten noch nicht abgeschlossen. Bislang ist nur die erste Brückenhälfte fertig. Das reicht zwar, um den Verkehr auf verengten Spuren mit Tempo 80 über das Tal fahren zu lassen. Daneben wird aber an einem zweiten Brückenteil gebaut. Ende 2026 sollen alle Arbeiten geschafft sein - dann kann der Verkehr wieder völlig frei an Lüdenscheid vorbei über die Sauerlandlinie rollen.
