Landesfinanzen: Wofür es in Thüringen mehr Geld geben soll

Published 4 hours ago
Source: stern.de
Landesfinanzen: Wofür es in Thüringen mehr Geld geben soll

Es war ein langer Weg: Im September wurde der Landesetat von der Regierung vorgelegt, am Donnerstag wird entschieden – voraussichtlich mit vielen Korrekturen. Was die Thüringer davon haben.

Die Verhandlungen über den Thüringer Landeshaushalt gehen nach fast drei Monaten auf die Zielgerade: Nach einem erneuten Schlagabtausch zwischen der Regierungskoalition aus CDU, BSW und SPD und den Oppositionsfraktionen AfD und Linke soll am Donnerstag entschieden werden. Es geht um neue Rekordausgaben von etwa 15 Milliarden Euro jährlich und Rekordschulden von insgesamt rund 1,4 Milliarden Euro. 

Viel Streit über den Haushalt – wo sind Verbesserungen?

Vor allem für Städte, Gemeinden und Kreise und die Menschen, die dort leben. Die Koalition aus CDU, BSW und SPD hat in dem Haushaltsentwurf der Regierung bei den Kommunalfinanzen kräftig nachgebessert. Insgesamt sollen nach Angaben der CDU-Fraktion 277 Millionen Euro mehr vom Land in die Kassen der Kommunen fließen – zusätzliche 130 Millionen Euro im kommenden Jahr sowie 147 Millionen Euro 2027. Dahinter verbergen sich nach Angaben der CDU-Haushaltspolitikerin Ulrike Jary viele konkrete Ausgaben. 

Vor allem hilft das Land, dass die Kreise und die großen Städte die explodierenden Sozialausgaben stemmen können - allein dafür soll es 122 Millionen Euro geben, so Fraktionschef Andreas Bühl. Darunter fallen unter anderem Sozial- und Eingliederungshilfen, die finanzielle Grundsicherung alter Menschen oder Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Welche einzelnen Projekte bekommen mehr Geld?

Die Liste ist recht lang. Sie reicht von 14 Millionen Euro zusätzlich für Kindergärten, die unter einer sinkender Zahl an Mädchen und Jungen leiden. Die Feuerwehren sollen 16,8 Millionen Euro zusätzlich für Feuerwehrhäuser, Fahrzeuge, Geräte und Ausstattung bekommen. Dem schlechten Zustand vieler Schulen will das Land mit 14 Millionen Euro zusätzlich für Baumaßnahmen begegnen – auch an Schulsporthallen. Die Bäder können mit 13 Millionen Euro mehr rechen - auch zur Sicherung des Schwimmunterrichts. Für den Erhalt der Bäder hatten Betreiber, Beschäftigte und Bürger vor dem Landtag demonstriert. 

Außerdem sind jetzt 6 Millionen Euro mehr für kommunale Vorhaben zum Klimaschutz vorgesehen, so die Regierungskoalition. 5,7 Millionen Euro zusätzlich seien es für Sportanlagen. Insgesamt belaufe sich die kommunale Sportstättenförderung damit auf 50 Millionen Euro jährlich. 

Gibt es nur für die Kommunen mehr Unterstützung?

Nein. Familien, die bauen wollen, können mit Förderung rechnen. 12 Millionen zusätzlich seien für das Familienbau-Förderprogramm eingeplant. 2 Millionen Euro mehr will das Land für Schulsozialarbeit geben. Zudem soll die Meisterausbildung in Thüringen kostenfrei werden. 

Geeinigt haben sich Koalition und Linke auf Nachbesserungen im Bereich Kultur. Drei Millionen Euro mehr als ursprünglich vorgesehen seien für den Erhalt von Industrie-, Bau- und Kunstdenkmalen vorgesehen. Insgesamt ständen im Doppelhaushalt nun 11,5 Millionen Euro mehr für Kultur zur Verfügung.

Die Regierung verweist auf viel Geld, das in Investitionen gesteckt wird – darunter auch mehr Geld für Krankenhausinvestitionen. Finanzministerin Katja Wolf (BSW) spricht von einem Investitionshaushalt in den kommenden beiden Jahren. Pro Einwohner würden jetzt 1.350 Euro statt bisher 983 Euro in Investitionen gesteckt. 

Was hat die Opposition erreicht? 

Die Linke verbucht auf der Habenseite, dass das von ihr geforderte dritte beitragsfreie Kindergartenjahr in Thüringen im Sommer 2027 kommt – Geld dafür sei im Doppelhaushalt vorgesehen. Zudem hat die ehemalige Regierungspartei auf einen Fonds mit einem Volumen von 70 Millionen Euro bestanden, mit dem der Strukturwandel in der Thüringer Industrie unterstützt und Arbeitsplätze gesichert werden sollen. Das Thüringer Landesarbeitsmarktprogramm bleibt - 6 Millionen Euro sollen in diesen Fördertopf. 

Die Linke setzte sich dafür ein, dass im Sozialbereich geplante Kürzungen zurückgenommen oder abgemildert wurden. "Wir haben den Großteil der Kürzungen zurückgenommen – bei Jugendförderung, Schulsozialarbeit, Kultur, Integration, Erwachsenenbildung und Arbeitsmarkt", erklärte ihr Fraktionschef Christian Schaft. Die Linke will sich bei der finalen Haushaltsentscheidung im Landtag enthalten und damit den Etat-Beschluss ermöglichen. 

Die AfD als größte Landtagsfraktion lehnt den Haushalt, wie er jetzt auf dem Tisch liegt, grundsätzlich ab. Ihr Fraktionschef Björn Höcke sieht Thüringen auf dem Weg in einen Schuldenstaat. Er kündigte 29 Änderungsanträge an, die bei der Abstimmung am Donnerstag aber kaum Chancen haben. 

Wo soll das zusätzliche Geld herkommen?

Entgegen der eigentlichen Pläne von Finanzministerin Wolf wird ein großer Teil der prognostizierten Steuermehreinnahmen in den Doppelhaushalt fließen. Die Novembersteuerschätzung hatte dem Land Mehreinnahmen von 197 Millionen Euro im kommenden Jahr und weitere 182 Millionen Euro 2027 prognostiziert. 2026 sollen die Landesschulden um fast 867 Millionen Euro wachsen, 2027 um weitere knapp 552 Millionen Euro. 

Zudem hat der Haushalt eine Finanzierungslücke, die im Jahresverlauf durch Einsparungen geschlossen werden muss. Die sogenannte globale Minderausgabe soll ein Volumen von 210 Millionen Euro pro Jahr haben.

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