Landesfinanzen: Ausgabenplus von 300 Millionen Euro – Disput über Schulden

Published 4 hours ago
Source: stern.de
Landesfinanzen: Ausgabenplus von 300 Millionen Euro – Disput über Schulden

Thüringens Ausgaben steigen in den nächsten beiden Jahren stärker als die Regierung es wollte. Zur Finanzierung sind beträchtliche neuen Schulden nötig. Darüber wurde im Landtag heftig diskutiert.

Thüringens Landesausgaben fallen in den kommenden Jahren um rund 300 Millionen Euro höher aus als von der Regierung geplant. Die Mehrausgaben von 140,5 Millionen Euro im Jahr 2026 und von 159,5 Millionen Euro im Jahr 2027 seien das Ergebnis der Verhandlungen in den vergangenen Wochen, sagte der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Maik Kowalleck (CDU), im Landtag in Erfurt. Am Donnerstag soll der Haushalt beschlossen werden. 

Jährlich Ausgaben von etwa 15 Milliarden Euro 

Die Landesausgaben steigen durch die Korrekturen, die die Regierungskoalition aus CDU, BSW und SPD sowie die Linke vorgenommen haben, auf mehr als 14,8 Milliarden Euro im kommenden Jahr. 2027 sind mehr als 15,1 Milliarden Euro vorgesehen. Die Etats kann die Landesregierung nur mit neuen Schulden finanzieren – insgesamt sind es rund 1,4 Milliarden Euro, davon allein 867 Millionen Euro im nächsten Jahr. In der Generaldebatte zum Haushalt entspann sich ein Disput zwischen der Regierungskoalition und der Opposition. 

AfD-Fraktionschef Björn Höcke warf der Regierungskoalition vor, Thüringen in den Schuldenstaat zu führen. Der Etat sei nur durch eine historische Neuverschuldung möglich. Mit der hohen Verschuldung werde das Budgetrecht des Landtags in der Zukunft ausgehebelt. Nach Ansicht von Höcke setzt die CDU-geführte Koalition die Haushaltspolitik der Vorgängerregierung von Bodo Ramelow (Linke) fort. "Dreierkoalitionen sind immer besonders teuer."

Höcke: "Nein zum Schuldenstaat" 

Höcke kündigte 29 Änderungsanträge seiner Fraktion zum Doppelhaushalt an, die bei der Abstimmung am Donnerstag allerdings nur wenige Chancen haben. Die AfD sage damit Nein "Nein zum Schuldenstaat" und "Nein zu Ideologieprojekten". Darunter zählte er eine "ideologische Klimapolitik" und die Thüringer Willkommenskultur für Geflüchtete. Weil keine Schulden getilgt werden sollten, erwäge die AfD erneut den Weg zum Landesverfassungsgericht.

Eigentlich werden Änderungsanträge lange vor der abschließenden Haushaltsberatung vorgelegt – sie gehen bei entsprechenden Mehrheiten dann in das Zahlenwerk ein. 

CDU-Fraktionschef: AfD produziert Schulden 

Der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Andreas Bühl, erwiderte, die AfD komme bei ihren Vorschlägen, die viel zu spät kämen, auch nicht um neue Schulden herum. "Die AfD produziert mit ihren Anträgen 1,2 Milliarden Euro an Schulden." Die AfD-Anträge auf den letzten Drücker dienten "der großen Show, das dient nicht dem Land", sagte Bühl. Finanzministerin Katja Wolf verteidigte die hohe Neuverschuldung, die Investitionen ermögliche. Sie sagte: "Auch eine marode Infrastruktur ist eine Verschuldung." SPD-Fraktionschef Lutz Liebscher sagte, Thüringen brauche einen starken Staat, der soziale Gerechtigkeit ermögliche.

Während sich die AfD beim demokratischen Aushandlungsprozess ausgeklinkt habe, habe die Linke als zweite Oppositionsfraktion ihre Rolle ernst genommen, so Bühl. Sie habe sich mit Korrekturen an den Haushaltsberatungen beteiligt und dazu beigetragen, "dass ein Haushalt zustande kam". BSW-Fraktionschef Frank Augsten warf der AfD, die die größte Landtagsfraktion stellt, Arbeitsverweigerung in Ausschüssen und bei der Anhörung von Betroffenen vor.

 Linke will sich der Stimme enthalten 

Die Linke wird trotz erreichter Verbesserungen besonders im Sozialbereich Thüringens Doppelhaushalt nicht zustimmen. "Wir haben Erfolge in den Haushaltsverhandlungen erreicht. Aber der Haushalt hat auch Schattenseiten", sagte ihr Fraktionschef Christian Schaft. Er bekräftigte, dass sich die Linke enthalten werde. Damit löst sie das Patt zwischen Koalition und Opposition auf – der Doppelhaushalt kann beschlossen werden.

Hauptkritikpunkt von Schaft ist das von der Regierung geplante Investitionsprogramm für die Kommunen von einer Milliarde Euro bis 2029, das ausschließlich über Kredite finanziert werden soll. Aus Sicht der Linken ist die Regierung damit auf dem Holzweg, weil Zins, Tilgung sowie die Umsetzung des Programms durch die Landesförderbank im schlechtesten Fall die möglichen Investitionen übersteigen. 

Schaft plädierte dafür, stattdessen Thüringens Anteil aus dem Sondervermögen des Bundes an die Kommunen weiterzureichen. Es geht nach seinen Angaben über mehrere Jahre um insgesamt 1,2 Milliarden Euro für die Kommunen. "Sachsen und Sachsen-Anhalt gehen diesen Weg."

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