Zu wenig pädagogische Fachkräfte, Notbetreuung, fehlende Plätze. Kitas suchen weiter händeringend Personal. Wird es 2026 noch schwieriger?
Das neue Jahr steht vor Tür - und damit auch die altbekannten Probleme im Kita-System mit Personalmangel und fehlenden Betreuungsplätzen. Aktuell werden in Nordrhein-Westfalen laut Familienministerium rund 759.000 Jungen und Mädchen in Kitas und Kindertagespflege betreut. Es reicht vielerorts nicht, Kitas suchen händeringend Personal. Notbetreuung und mitunter tagelange Schließungen machen Familien zu schaffen.
Zum Wohle der Jüngsten wolle man "auch im kommenden Jahr gemeinsam mit den kommunalen und freien Trägern, den Beschäftigten, den Eltern und auch mit der Bundesregierung Schritt für Schritt Verbesserungen für das System erarbeiten", sagt Familienministerin Josefine Paul (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur. Ziel sei es, mehr Stabilität und Verlässlichkeit in der frühkindlichen Bildung zu erreichen. Die Landesregierung stelle für frühkindliche Bildung 2026 eine Rekordsumme von knapp sechs Milliarden Euro bereit.
So sehen die Zahlen beim Personal aus
Zum 1. März 2025 arbeiteten rund 175.000 Personen in den Kitas. Darunter waren 144.600 pädagogische Fachkräfte wie Erzieherinnen (95.000) und Kinderpflegerinnen (14.000). Das waren etwa genau so viele wie ein Jahr zuvor mit knapp 145.000 pädagogisch und leitend tätigen Personen.
Außerdem kümmerten sich unverändert rund 15.000 Kindertagespflegepersonen um die Jüngsten. Wie viele Betreuungsplätze derzeit fehlen und wie sich der Bedarf 2026 entwickeln werde, konnte das Ministerium nicht sagen.
Quereinsteiger und Nachwuchs
Das Land gehe mit vielen Maßnahmen gegen den Personalmangel vor. So fördere man fachnahen Quereinstieg von Menschen mit pädagogischen Berufsabschlüssen wie Grundschullehrern sowie fachfremden Quereinstieg - also Personen ohne pädagogische Vorkenntnisse. Man habe auf die Weise einige Tausend Kräfte zusätzlich ins System bekommen, hieß es in Düsseldorf.
Die Gewerkschaft Komba nannte die Lage in den Kitas "alarmierend" und verwies auf Prognosen, denen zufolge bis 2030 in NRW bis zu 20.000 Fachkräfte fehlen könnten. 2025 seien rund 4.000 Ausbildungsplätze unbesetzt geblieben und die Abbrecherquote mit 26 Prozent zudem überdurchschnittlich hoch ausgefallen.
Laut Familienministerium liegen die "Schwundquoten" in der Ausbildung zur Erzieherin "teils deutlich" unter denen anderer Ausbildungs- und Studiengänge, sie habe im Fünfjahresmittel (2019/20 bis 2023/24) bei 24 Prozent gelegen.
Fachkräfte aus ostdeutschen Bundesländern gegen den Notstand?
Der Landeselternbeirat der Kitas in NRW erwartet auch 2026 weiter eine angespannte Situation. Die Lage sei geprägt von häufigen Personalausfällen, akutem Fachkräftemangel, Notbetreuungen sowie Schließungen oder Teilschließungen von Einrichtungen.
Einige Fachverbände sprachen sich bei einer Anhörung in einem Landtagsausschuss Mitte Dezember dafür aus, zumindest als ergänzenden Baustein Fachkräfte aus ostdeutschen Bundesländern mit sinkenden Geburtenzahlen anzuwerben. Dort werden erste Kitas wegen mangelnder Auslastung geschlossen und Fachkräfte verlieren ihre Arbeitsplätze, wie die FDP-Landtagsfraktion in ihrem Antrag "Personaloffensive Kita-Zukunft NRW" dargestellt hatte.
Verschärft Grundschul-Ganztagsanspruch die Personallage an Kitas?
Mit dem neuen Schuljahr beginnt ab Sommer der Rechtsanspruch auf einen Platz in einer offenen Ganztagsschule (OGS) für zunächst Erstklässlerinnen und Erstklässler. Dieser wird nach und nach auf die Jahrgänge zwei bis vier erweitert, so dass der Rechtsanspruch ab dem Schuljahr 2029/30 für alle Grundschulkinder gilt.
Angebote in offenen Ganztagsschulen gibt es seit etwa 20 Jahren, sie sind begehrt, aktuell werden etwa 480.500 Jungen und Mädchen über ein Ganztagsangebot gefördert. Mit dem Rechtsanspruch wird auch mehr Personal benötigt.
Die kommunalen Spitzenverbände gehen davon aus, dass der schrittweise geltende Rechtsanspruch die angespannte Lage in den Kitas noch verschärfen wird. "Der Fachkräftemangel in der Kindertagesbetreuung kann nicht isoliert betrachtet werden", mahnen Städtetag, Landkreistag sowie Städte- und Gemeindebund in einer gemeinsamen Stellungnahme.
"Vielmehr ist der gesamte Bereich der frühkindlichen Bildung und der Jugendhilfe, aber auch der Schulbereich, ja der gesamte Sektor der Sozial- und Erziehungsberufe insgesamt betroffen; denn dieser greift vielfach auf Personal mit gleichen oder ähnlichen Bildungsabschlüssen zurück", heißt es in dem Papier für den Landtagsausschuss. Das Familienministerium äußerte sich dazu auf Anfrage nicht.
