"Bon Voyage – Bis hierher und noch weiter", "Holy Meat" und "Der Fremde", eine neue Adaption des berühmten Albert-Camus-Romans von François Ozon: Das sind die Kino-Neustarts am 1. Januar.
Die Leute reden auf Meursault ein, sprechen von "Schuld", "Reue" und "Liebe". Nichts davon dringt durch. Dieser Meursault, er scheint ewig unergründlich, ist aber natürlich kein Unbekannter. Der berühmte französische Schriftsteller und Philosoph Albert Camus erdachte ihn einst als Protagonisten seines Weltliteratur-Klassikers "Der Fremde" (1942), einem Schlüsselwerk des Existenzialismus. Der hoch angesehene französische Regisseur und Autor François Ozon bringt Meursaults Geschichte nach vielen Jahren wieder auf die Kinoleinwand.
Außerdem neu in dieser Woche: "Bon Voyage" erzählt ein bittersüßes Abenteuer von einer schwer kranken Frau, die zum Sterben in die Schweiz fährt, und in der Provinzfarce "Holy Meat" wird die "Passion Christi" zwischen Fetisch und Fleischwaren ganz neu erfunden.
Der Fremde
1967 gab es schon einmal eine Verfilmung von "Der Fremde", damals führte Luchino Visconti Regie – einer der größten Filmemacher der europäischen Geschichte, gerade groß genug für diesen anspruchsvollen Stoff von Camus. François Ozon ("Jung & Schön", "Alles ist gut gegangen") betonte vorab seinen Respekt und seine Ehrfurcht vor "Der Fremde", legte aber gleichzeitig Wert darauf, sich dem ebenso tiefgründigen wie absurden Werk mit einer gewissen "Unbeschwertheit" zu nähern.
Die Neuverfilmung ist – klassisches französisches Kulturkino – in Schwarzweiß gehalten und dicht an der literarischen Vorlage. Schauplatz ist Algiers in den späten 1930er-Jahren (gedreht wurde allerdings im marokkanischen Tanger), wo der besagte Meursault (Benjamin Voisin) seine Mutter beerdigt. Der Tod der vermeintlich wichtigsten Person in seinem Leben lässt ihn allem Anschein nach völlig kalt, dieser Kerl tickt einfach ganz anders als "normale" Menschen. Ein Mann, der wahrhaft "fremd" ist in der Welt. Das tritt umso deutlicher zutage, als Meursault nach einem schicksalhaften Zwischenfall vor Gericht landet.
Für die Hauptrolle besetzte François Ozon den 29-jährigen Benjamin Voisin, mit dem er auch schon bei der Romanverfilmung "Sommer 85" (2020) arbeitete – Voisin verdiente sich damals eine César-Nominierung als bester Nachwuchsdarsteller. Weitere tragende Rollen in "Der Fremde" spielen Rebecca Marder (als Marie Cardona) und Pierre Lottin (als Raymond Sintès). In Frankreich startete das Drama nach der Premiere in Venedig bereits im Oktober 2025 in den Kinos, die bisherigen Kritiken fielen mehrheitlich positiv aus.
Bon Voyage – Bis hierher und noch weiter
"Ich habe jetzt genug", das ist der zentrale Satz dieser Geschichte. Die 80-jährige Marie, unheilbar an Krebs erkrankt, möchte sterben. Selbstbestimmt einen Schlussstrich ziehen, so lange sie noch kann. Aber so explizit sagt sie das nur ihrem Pfleger Rudy. Ihrer Familie erzählt Marie hingegen ein kleines Märchen, eine Notlüge, und so beginnt in "Bon Voyage – Bis hierher und noch weiter" ein abenteuerlicher Roadtrip zwischen Lebenslust und Todessehnsucht.
"Ein Film voller Zärtlichkeit, berührend und mitreißend!" – So feiert die große französische Tageszeitung "Le Parisien" diese Tragikomödie von Regisseurin Enya Baroux, die gemeinsam mit Martin Darondeau auch das Drehbuch zu "Bon Voyage" schrieb. Vor allem Hauptdarstellerin Hélène Vincent als Marie und Pierre Lottin als junger Pfleger Rudy ernteten in der Fachpresse bereits viel Lob für ihre Darbietungen.
Marie will ihr Leben also beenden und hat bereits einen Sterbehilfe-Termin in der Schweiz vereinbart. Eine Woche bleibt ihr noch. Doch um ihrer Familie das alles genau so darzulegen, fehlt ihr die Courage. Um sie alle erst einmal trotzdem in die Schweiz zu lotsen, erschwindelt sie etwas von einem großen Erbe, das da angeblich wartet – eine Geschichte, die bei ihrer pubertierenden Enkelin Anna (Juliette Gasquet) und vor allem bei ihrem stets klammen Sohn Bruno (David Ayala) gut zieht. So beginnt eine sehr vergnügliche Reise, auch Pfleger Rudy ist dabei. Aber irgendwann muss die bittere Wahrheit ja doch ans Licht kommen ...
Holy Meat
Heilig's Blechle, da kommt was auf das Kinopublikum zu! Wobei, in dem Fall wäre "Heilig's Würschtle" wohl passender. Eine "absurde Provinzfarce über Glauben, Größenwahn und Fleischwaren", so wird das Spielfilmdebüt "Holy Meat" von Regisseurin und Autorin Alison Kuhn beworben. Als Schauplatz für die schwarzhumorige Komödie dient ein erfundenes schwäbisches Dorf, in dem der Glaube und der Geschmack der Landbevölkerung auf eine harte Probe gestellt werden.
Roberto (Pit Bukowski) ist Theaterregisseur in Berlin und als solcher ein Kunstschaffender mit großen Visionen. Allein, es fehlt ihm der Erfolg, und als dann noch die Beziehung mit seiner Frau zerbricht, muss ein radikaler Neustart her. Filmemacherin Alison Kuhn schickt ihn also in "Holy Meat" aus der großen Stadt ins tiefste Schwabenland nach Winteringen. Roberto hat seine Schwierigkeiten, sich in der Gemeinde zu integrieren, wird aber mit der Leitung einer örtlichen Laientheatergruppe betraut, immerhin.
Zur Dreifaltigkeit dieser gotteslästerlichen Groteske mit Schweinen in Ufos, Sadomaso und viel schwäbischem "Gschwätz" gehören neben Roberto auch Pater Oskar Iversen (Jens Albinus) und Metzgerin Mia (Homa Faghiri). Drei Charaktere mit komplizierten Hintergrundgeschichten, die bald heftig aneinandergeraten: In Winteringen soll unter Robertos Regie eine bahnbrechende neue Inszenierung der "Passion Christi" entstehen, wie die Welt sie noch nicht gesehen hat.
