Meinung: Böllerverbot? Bitte ja – aber nicht als Flickenteppich!

Published 1 hour ago
Source: stern.de
Meinung: Böllerverbot? Bitte ja – aber nicht als Flickenteppich!

Der alljährliche Streit um das Böllerverbot wird immer absurder. Jetzt wollen einige Bundesländer die Silvesterknallerei jeweils für sich selbst regeln. Bloß nicht! 

Es gibt so einige seltsame Rituale, die wir in Deutschland zu Silvester pflegen. Uns wie der Kanzler viele Dinge vornehmen, die wir dann entweder nicht oder ganz anders machen. Im Fernsehen einen britischen Besäufnis-Sketch anschauen, den die trinkfesten Briten selbst kaum kennen. Und natürlich: Böllern, bis der Arzt kommt. 

Oder die Polizei. Oder die Feuerwehr. Oder der Leichenwagen.

Die Knaller-Bilanz des vergangenen Jahreswechsels: fünf Tote und hunderte Verletzte, darunter viele Polizisten, die mit Feuerwerkskörpern angegriffen wurden. Allein in Berlin musste die Feuerwehr 825 Brände löschen. Hinzu kommen Millionen traumatisierter Tiere sowie die üblichen Megatonnen an Feinstaub und Müll. 

Die ritualisierte Verbotsdebatte

Begleitet wird das Spektakel von einer ebenso ritualisierten Verbotsdebatte. Die Bevölkerung ist bei diesem Thema mindestens so gespalten wie beim Tempolimit. Während der Handel einen neuen Umsatzrekord erwartet, spricht sich seit Jahren eine stabile Umfragemehrheit dafür aus, das private Böllern zu verbieten.

Jedoch: Entschieden, und auch das ist ein nationales Ritual, wird leider nichts. Stattdessen gestaltet sich die Debatte immer absurder.

Die neueste, auch sehr deutsche Wendung: Zehn Länder wollen die Regeln für das Silvesterfeuerwerk selbst festlegen. So berichtet es der "Spiegel". Das Bundesinnenministerium plane, den Ländern ähnlich wie schon jetzt den Kommunen die Möglichkeit zu geben, die Knallerei örtlich einzuschränken.

Warum? Weil die Corona-Pandemie gezeigt hat, wie prima es funktioniert, wenn jedes Land seine eigenen, möglichst unverständlichen Verordnungen erlässt? Oder weil der Feuerwerk-Föderalismus zu Feuerwerk-Tourismus führt?

Böllerverbot als Marketinginstrument

Schleswig-Holstein könnte das Böllern verbieten, um noch mehr Haustierbesitzern eine Zuflucht in seinen Hotels zu bieten, während Brandenburg mit dem Spruch "Freies Böllern für freie Bürger" werben dürfte. Oder so.

In jedem Fall entstünde ein Flickenteppich aus 16 unterschiedlichen Regelwerken. Welches Feuerwerk an wen verkauft werden darf oder wo welche Raketen abgefeuert werden können: Das wären dann Fragen für ein juristisches Proseminar.

So sinnvoll ein Verbot wäre, so sinnlos wäre seine Föderalisierung. Solange sich Bund und Länder nicht dazu durchringen können, auch an Silvester nur öffentlich organisierte Feuerwerke zuzulassen, wird sich an den rituellen Selbstverletzungen und Endlosdebatten nichts ändern. 

Kommen Sie unverletzt rein!

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