Serie – Teil 5: Meine Geschichte des Jahres: Undercover bei rechten Teenie-Terroristen

Published 2 hours ago
Source: stern.de
Serie – Teil 5: Meine Geschichte des Jahres: Undercover bei rechten Teenie-Terroristen

Eine wagemutige Reporterin, die sich in eine Gruppe jugendlicher Neonazis einschleicht. In dieser Serie empfehlen Redakteure ihre Lieblingstexte aus 2025.

Dieses Jahr hat viele großartige Geschichten hervorgebracht. Doch keine reicht für mich an jene von Angelique Geray heran. Die Geschichte, die meine Kollegin unter größter Gefahr recherchiert hat, liest sich an vielen Stellen unglaublich.

Geray schleuste sie sich in eine Gruppe jugendlicher Rechtsterroristen ein. Eine lebensbedrohliche Leistung.

Im Text, den ich Ihnen an dieser Stelle ans Herz legen möchte, erzählt die Reporterin davon, wie sie in die Rolle einer fiktiven jungen Frau namens "Isa" schlüpfte. Sie trat radikalen Chatgruppen bei, in denen Hitlergrüße und Holocaust-Memes geteilt wurden. Sie sang mit Neonazis in dunklen Kellern, auf Demos schwenkte sie Fahnen, bei geheimen Zeltlagern hörte sie jungen Männern und Frauen zu, die sich auf einen Umsturz in Deutschland vorbereiteten.

Und sie begleitete einen von ihnen sogar beim Kauf von Kugelbomben. Für einen geplanten Anschlag auf eine Asylunterkunft.

Geray macht die Gefahr rechter Teenie-Terroristen greifbar

Geray nimmt mich als Leser mit in eine Welt, die ich in dieser Intensität und Drastik zuvor nicht kannte – obwohl mein Ressort und ich in den vergangenen Jahren regelmäßig zur rechten Szene recherchiert haben. Über das Problem junger Rechtsradikaler wurde und wird zuletzt viel berichtet.

Geray aber macht die Gefahr erlebbar wie selten zuvor.

Denn sie sprach nicht nur über junge Neonanzis, sondern begab sich in ihre privaten Chatgruppen und ihre ostdeutschen Gartenlauben. Geray war so nah dran, dass einem beim Lesen mitunter bange wird. Deshalb halte ich ihre Recherche für so unbedingt wichtig.

Wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, Gerays Erfahrungsbericht aus dem Zirkel der jungen Rechtsextremen lesen, so werden sie feststellen: Diese Frau ist kein abgebrühter Recherche-Roboter. Geray gibt uns während der Recherche Einblick in ihre aufgewühlte Gedankenwelt. Sie schreibt etwa: "Je länger die Recherche dauert, desto mehr arbeitet sie in mir. Sie beginnt, mein Leben einzunehmen. (…) Meine Wohnungstüre öffne ich nur noch, wenn ich weiß, wer geklingelt hat.“

Gerays Recherchen mündeten in zahlreichen Veröffentlichungen, gemeinsam mit einem Reporterteam von stern Investigativ. Alle Beiträge, darunter auch eine packende TV-Dokumentation, finden Sie hier.

Weihnachtsstimmung kommt bei der Lektüre sicher nicht auf. Aber ungemein wichtig ist diese mutige Recherche allemal. 

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