Martin Scorsese nimmt in einem bewegenden Essay Abschied von seinem Freund Rob Reiner und dessen Frau Michele.
Martin Scorsese (83) hat sich mit einem zutiefst persönlichen Gastbeitrag für die "New York Times" von seinem langjährigen Freund und Kollegen Rob Reiner (1947-2025) verabschiedet. Der Essay erschien am ersten Weihnachtstag und gewährt einen seltenen Einblick in die Trauer des Oscarpreisträgers.
"Rob Reiner war mein Freund, ebenso wie Michele. Von nun an muss ich die Vergangenheitsform verwenden, und das erfüllt mich mit so tiefer Trauer. Aber es gibt keine andere Wahl", schrieb Scorsese in der "New York Times".
Rob Reiner wurde 78 Jahre alt, seine Frau Michele 70. Wie "TMZ" berichtete, wurden beide am 14. Dezember tot in ihrem Haus im Stadtteil Brentwood in Los Angeles aufgefunden. Sie wiesen demnach Stichverletzungen auf. Der gemeinsame Sohn Nick (32) wurde verhaftet und wegen des Todes seiner Eltern angeklagt.
Eine Freundschaft seit den Siebzigern
Die Verbindung zwischen Scorsese und Reiner reicht Jahrzehnte zurück. Beide stammten von der Ostküste und lernten sich laut Scorseses Ausführungen Anfang der 1970er Jahre in Los Angeles kennen, als sie regelmäßig bei Zusammenkünften im Haus von George Memmoli aufeinandertrafen.
"Rob kam aus dem New Yorker Showbusiness-Adel", erinnerte sich Scorsese in seinem Essay. Reiners Mutter Estelle sei eine wunderbare Sängerin und Schauspielerin gewesen, sein Vater Carl stamme aus dem Umfeld von Sid Caesars "Your Show of Shows" - gemeinsam mit Neil Simon und Mel Brooks. "Das war hundertprozentiger New Yorker Humor, und er lag in der Luft, die ich atmete", so der Regisseur.
Scorsese schwärmte von Reiners unverwechselbarem Charakter: "Er war urkomisch und manchmal beißend witzig, aber er war nie der Typ, der einen Raum an sich reißen würde. Er hatte ein wunderschönes Gefühl ungehemmter Freiheit und ein großartiges, dröhnendes Lachen."
Gemeinsame Arbeit bei "The Wolf of Wall Street"
Nach Jahren gegenseitiger Bewunderung arbeiteten die beiden schließlich 2013 bei "The Wolf of Wall Street" zusammen. "Ich dachte sofort an Rob für die Rolle von Leonardo DiCaprios Vater", erklärte Scorsese. Reiner habe mit den Besten improvisieren können und brillant mit DiCaprio harmoniert.
Besonders eine Szene bewegte den Regisseur bis heute: Reiners Blick, als er erkennt, dass sein Filmsohn trotz aller Warnungen nicht mit seinen Betrügereien aufhören würde. "Ein liebender Vater, fassungslos über seinen Sohn. Ich war gerührt von der Zartheit und Offenheit seiner Darstellung." Und weiter: "Jetzt bricht es mir das Herz, auch nur an die Zärtlichkeit von Robs Auftritt zu denken."
Scorsese beendete seinen Nachruf mit den Worten: "Was Rob und Michele passiert ist, ist eine Obszönität, ein Abgrund in der gelebten Realität." Nur die Zeit werde ihm helfen, es zu akzeptieren. Bis dahin wolle er sich vorstellen, dass er eines Tages bei einem Dinner neben Rob sitze, sein Lachen höre und sich erneut glücklich schätze, ihn als Freund gehabt zu haben.
