Moritz Bleibtreu im "Dinner for One"-Prequel: So ist sein Mr. Pommeroy

Published 2 hours ago
Source: stern.de
Moritz Bleibtreu im "Dinner for One"-Prequel: So ist sein Mr. Pommeroy

In der Serie "Miss Sophie - Same Procedure as Every Year" übernimmt Schauspieler Moritz Bleibtreu die Rolle des Mr. Pommeroy.

In Deutschland gehört "Dinner for One" seit vielen Jahren fest zum Silvesterprogramm. Eine neue Streaming-Serie von Prime Video erzählt nun ab dem 22. Dezember die Vorgeschichte des legendären Kultsketches. In "Miss Sophie - Same Procedure As Every Year" buhlen gleich fünf Männer um die junge Miss Sophie (Alicia von Rittberg), die nach dem Tod ihrer Eltern alleine auf einem Landsitz nahe Eastbourne lebt. Zu ihren Verehrern zählen Mr. Pommeroy (Moritz Bleibtreu), Mr. Winterbottom (Frederick Lau), Sir Toby (Jacob Matschenz) und Admiral von Schneider (Christoph Schechinger).

"Es gibt diese Konzepte, die man in wenigen Sekunden pitcht und sofort denkt: Das ist richtig gut", schwärmt Moritz Bleibtreu im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news über die sechsteilige Serie und erklärt, warum das Prequel an manchen Stellen an die zahlreichen Datingshows im TV erinnert.

Wie oft haben Sie "Dinner for One" schon gesehen?

Moritz Bleibtreu: Eigentlich immer, wenn ich zu Silvester in Deutschland bin. Früher war das oft nicht so. Ich habe früher Silvester und Weihnachten immer als eine perfekte Möglichkeit gesehen, das Land zu verlassen und in wärmere Gefilde zu flüchten. Das mache ich zwar auch heute noch gern, aber wenn ich an Silvester in Deutschland bin, gehört es einfach dazu. Es ist inzwischen fast schon eine Art Pflicht geworden. Man hat fast ein schlechtes Gewissen, wenn man es nicht schaut, weil es einfach dazugehört.

Gab es früher noch andere Silvester-Traditionen in Ihrer Familie?

Bleibtreu: Ich bin mit einer alleinerziehenden Mutter aufgewachsen. Ich glaube, seit ich ungefähr zwölf war, habe ich Silvester gar nicht mehr wirklich mit ihr gefeiert. Meistens war ich draußen unterwegs und habe irgendeinen Unsinn gemacht. Eine richtige Tradition hatte ich da eigentlich nie. Aber wenn man sich überlegt, was man an Silvester isst, landet man am Ende doch oft bei Fondue oder Raclette. Es gibt einfach bestimmte Dinge, die gehören dazu - und das ist ja auch gut so. Ich finde es schön, Traditionen wieder aufleben zu lassen und sich an Dinge zu erinnern, die man immer wieder gerne tut und die nicht einfach in Vergessenheit geraten, sondern so bleiben, wie sie sind.

Als Sie zum ersten Mal von der Serie erfahren haben, war Ihre Reaktion eher Vorfreude oder eher Skepsis, ob ein solches Projekt überhaupt funktionieren kann?

Bleibtreu: Ich erinnere mich noch genau, wie ich von der Idee erfahren habe. Tommy Wosch (der Serienschöpfer) rief mich an und sagte: "Ich habe da was." Damals trug das Projekt noch den Arbeitstitel "Dinner for Five", was natürlich ein schöner Name gewesen wäre. Es gibt diese Konzepte, die man in wenigen Sekunden pitcht und sofort denkt: Das ist richtig gut! Genau so war es auch. Solch eine zündende Idee hört man wirklich selten. Du musst nur sagen: "Stell dir ein Prequel zu 'Dinner for One' vor - was ist aus diesen Typen geworden? Warum sitzen die nicht mehr am Tisch?" Und dann weißt du sofort: Das ist einfach genial.

Welchen Einfluss hatten Sie auf die Gestaltung Ihres Charakters Mr. Pommeroy?

Bleibtreu: Natürlich gibt das Drehbuch die meiste Richtung vor. Als dann klar war, dass die Figur schwul ist, stellte sich die Frage, wie stark man das betonen sollte. Soll er eher feminine Züge haben oder nicht? Für mich war sofort klar: Es ist viel spannender, wenn er das Gegenteil verkörpert. Wenn man ihm das überhaupt nicht ansieht, und er trotzdem am Ende offen dazu steht - für die Wahrheit kämpft und den damit verbundenen Konflikt annimmt. Gerade in dieser Zeit war es ja alles andere als einfach, sich öffentlich zu outen. Die Figur war also sehr vielschichtig und stark angelegt - da war eigentlich alles drin. Zudem kenne ich Tommy gut; wir haben schon bei "Faking Hitler" großartig zusammengearbeitet. Und ehrlich gesagt wusste ich nach der ersten Drehbuchfassung schon: Das wird Spaß machen. Da kann man sich richtig austoben.

In der Serie veranstaltet Sophie Wettbewerbe unter den Anwesenden, was an die Datingshows im Fernsehen erinnert. War das Absicht?

Bleibtreu: Mir ist diese Parallele sofort aufgefallen. Lustigerweise ging es bei Ehen früher gar nicht um Liebe, sondern um ihren praktischen Nutzen - was die Heirat einem persönlich bringt. Die Idee der Liebesheirat ist eigentlich erst eine Erfindung der Romantik. Erst im späten 18. Jahrhundert begann man, aus Liebe zu heiraten. Davor wurde immer nach Stand und Vorteil geheiratet. Es ging darum, die eigene Familie zu stärken und Einfluss zu gewinnen - nicht darum, wer wen sympathisch fand. Auch in diesen Datingshows sucht man angeblich die große Liebe - in Wahrheit geht es aber wieder um Status, Reichweite und Fans. Das ist gewissermaßen die moderne Form jener alten Zweckgemeinschaften. Bei Sophie geht es anfangs ebenfalls vordergründig um Geld, nicht um Liebe...

In den letzten Jahren waren Sie verstärkt in Streaming-Produktionen wie "Call My Agent - Berlin" oder "Blackout" zu sehen. Was fasziniert Sie besonders an den Streamingdiensten?

Bleibtreu: Das ganze Geschäft hat sich in den letzten Jahren völlig gewandelt. Das Kino, so traurig es auch ist, findet heute kaum noch statt. Ich habe rund 17 Jahre lang bewusst kein Fernsehen gemacht, weil ich mir vorgenommen hatte, mich ausschließlich über das Kino zu definieren. Aber irgendwann war klar: Diese Zeit ist vorbei. Das Genre-Kino hat sich im Grunde in die Serien verlagert. Die Serie ist als eigenständige Kunstform entdeckt und anerkannt worden. Dadurch verliert das Kino im öffentlichen Raum zunehmend an Bedeutung - und dieser Trend wird sich wohl fortsetzen. Wenn man als Schauspieler interessante, vielschichtige Rollen spielen möchte, muss man dorthin gehen, wo sie entstehen. Und das ist heute nicht mehr das Kino - zumindest nicht das deutsche Kino.

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