Wut und Eifersucht: Lebenslang für Doppelmord in Schackendorf

Published 1 hour ago
Source: stern.de
Wut und Eifersucht: Lebenslang für Doppelmord in Schackendorf

Ein 53-Jähriger wurde mehr als ein Jahr nach einer tödlichen Messerattacke im Kreis Segeberg verurteilt. Wie "übersteigertes Besitzdenken" zum Tod der Ex-Partnerin und ihres neuen Freundes führte.

Der tödliche Messerangriff ereignete sich abrupt. Innerhalb von zwei Minuten stach der 51-Jährige in Schackendorf (Kreis Segeberg) Mitte November vergangenen Jahres 14-mal auf seine Ex-Partnerin und 7-mal auf ihren neuen Lebensgefährten ein, wie Richterin Irina Tsukida bei der Urteilsverkündung am Landgericht Kiel erklärte. Mehr als ein Jahr später verurteilte das Gericht den 53-Jährigen unter anderem wegen Mordes in zwei Fällen zu lebenslanger Haft. Sie stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest, was eine Freilassung nach 15 Jahren in der Regel ausschließt. 

Außerdem wurde er wegen einer vorangegangenen Tat wenige Monate zuvor wegen Freiheitsberaubung in zwei Fällen und schwerer Körperverletzung verurteilt. Damals fesselte er in der Wohnung seiner Ex ihre 16 Jahre alte Tochter sowie eine Freundin und schlug seine ehemalige Lebensgefährtin mit einer Eisenstange. Allein für die Tat hätte die Richterin ihn zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt, sagte Tsukida.

"Der Angeklagte hat aus Wut, Eifersucht und übersteigerten Besitzdenken heraus gehandelt", betonte die Richterin. Schon in früheren Phasen der Beziehung habe sich gezeigt, dass er sie zu kontrollieren versucht habe. "Er wollte ihre ungeteilte Aufmerksamkeit." 

Da es in der Beziehung immer häufiger Streit gab und auch eine Paartherapie nichts bewirkte, trennte sich der Angeklagte im Juli 2024 von seiner Partnerin, um die emotionale Abhängigkeit zu beenden. Doch als sie laut Tsukida wenige Tage später eine neue Beziehung einging, wollte er das Ende nicht akzeptieren: "Er redete sich ein, betrogen worden zu sein."

Tatvorgang

So kam es schließlich am 16. November 2024 zu der Gewalttat: Als seine Ex-Partnerin und ihr neuer Lebensgefährte das Haus verließen, griff der Angeklagte zunächst den arglosen Mann mit der Faust an und stach ihm anschließend mit einem Messer mit zehn Zentimeter langer Klinge mehrfach in Hals und Brust, wie die Richterin sagte. Anschließend griff der Angeklagte seine Ex-Partnerin an. 

Als diese versuchte sich mit Reizgas zu wehren, habe er sich vermutlich vollständig seiner Wut hingegeben und ihr insgesamt 14 Messerstiche in Hals, Kopf und Brust versetzt. Anschließend soll er zurück zum Mann gegangen sein, um auf Nummer sicher zu gehen.

Die Frau starb bereits kurz nach der Tat im Krankenhaus. Der 45-Jährige wurde reanimiert, überlebte dank einer Not-Operation zunächst und war danach querschnittsgelähmt. Er starb im März.

Um 5.50 Uhr floh der Angeklagte vom Tatort. Gut eine Stunde später stellte er sich im Polizeirevier Bad Segeberg.

Die Vorgeschichte

Schon zuvor war der Mann bereits im August 2024 - wenige Wochen nach der Trennung - in die Wohnung seiner Ex eingedrungen und hatte deren 16 Jahre alte Tochter und eine Freundin unter der Androhung von Gewalt gezwungen, sich mit Panzertape gegenseitig an Stühle zu fesseln. Er hatte laut Anklage ein Buch über Suizid dabei und berichtete den Jugendlichen davon, bereits Vorbereitungen angestellt zu haben. Mit dem Handy der Tochter schickte er eine Nachricht an die Mutter.

Als die Mutter eintraf und die Lage erkannte, versuchte sie, am Dachfenster Hilfe zu rufen. Mit einer Eisenstange habe der Angeklagte ihr daraufhin zweimal an den Hinterkopf geschlagen, sagte die Staatsanwältin. Im Zuge dessen sei die Frau zu Boden gegangen und habe Todesangst verspürt. Erst nachdem sie dem Angeklagten vorgemacht habe, wieder zusammenkommen zu können, habe sich dieser beruhigt und die Wohnung verlassen. 

Seine ehemalige Partnerin erwirkte nach dem ersten Vorfall ein Näherungsverbot, das er im November 2024 brach. Damit machte er sich zusätzlich des Verstoßes gegen die Gewaltschutzanordnung schuldig. 

Richterin sieht Heimtücke und niedere Beweggründe

Die Richterin betonte bei der Urteilsverkündung, die Mordmerkmale der Heimtücke und niederen Beweggründe seien erfüllt. Der Angeklagte zeige ausgeprägte narzisstische Züge, erklärte Tsukida. 

Zwar sei der Angeklagte nicht vorbestraft und habe sich geständig und reumütig gezeigt, dennoch habe es auch die erste Tat ein paar Monate zuvor gegeben, die eine Zäsur hätten sein müssen. "Der Angeklagte hätte sein Handeln hinterfragen müssen - aber das Gegenteil ist der Fall gewesen", führte die Richterin aus. 

Tsukida: Die Tat war seine freie Entscheidung

Sie erklärte zudem, dass es keine Anhaltspunkte für eine verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten gebe. Ihm sei nicht nur bewusst gewesen, dass er mindestens gegen das Näherungsverbot verstoßen habe. Er habe auch einkalkuliert, das Messer zu benutzen. "Es war keine fremde Hand, die ihn hochgezogen hat, sondern seine freie Entscheidung", sagte Tsukida. "Selbst, wenn er es nicht wahrhaben will." 

Zudem habe der Angeklagte gewusst, dass er beide Personen bei der Wohnung seiner Ex antreffen würde, da er ein Ortungsgerät an dem Auto ihres neuen Lebensgefährten angebracht hatte. Spätestens als dieser laut der Angaben nach zwei Faustschlägen nicht zu Boden ging, entschied er sich aus Eifersucht und Wut, ihn zu töten. 

Der 53-jährige Deutsche hat nun bis zum 29. Dezember Zeit, Revision gegen das Urteil einzulegen. Dasselbe gilt für die Nebenklage, die – anders als die Richterin – nicht von einem einheitlichen Tatgeschehen, sondern von mehreren Taten ausging.

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