Die Schufa muss Daten über Zahlungsprobleme nicht sofort dann löschen, wenn eine Forderung bezahlt wurde. Die Wirtschaftsauskunftei darf die Daten in der Regel drei Jahre lang speichern, wie am Donnerstag der Bundesgerichtshof (BGH) entschied. Allerdings muss die Dreijahresfrist demnach im Einzelfall abgewogen werden. (Az. I ZR 97/25)
Die Verbraucherzentrale Bremen wertete das Urteil als "Rückschlag" für Verbraucherinnen und Verbraucher. Selbst wer alle Schulden aus der Vergangenheit beglichen habe, könne als kreditunwürdig gelten und dadurch Schwierigkeiten beim Abschluss neuer Verträge bekommen. "Das kann etwa die Wohnungssuche, Mobilverträge oder Kredite betreffen", erklärte Rechtsexperte Parsya Baschiri.
Der BGH gab mit seinem Urteil der Revision der Schufa gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln statt. Es muss nun neu über die Klage eines Manns entscheiden, der drei Forderungen über insgesamt etwa 740 Euro trotz Mahnungen und einem Vollstreckungsbescheid erst nach zehn bis 22 Monaten beglich. Die Schufa stufte das Risiko eines Zahlungsausfalls als "sehr kritisch" ein. In solchen Fällen kommen Verträge oft nicht zustande.
Der Mann wehrte sich dagegen, dass die Daten für bis zu drei Jahre gespeichert wurden. Er gab an, dass er einen Arbeitsplatz in einem sensiblen Bereich wegen seines Schufa-Eintrags nicht bekommen habe. Das Oberlandesgericht entschied im April, dass die Schufa solche Daten sofort löschen müsse.
Denn zuvor, im Dezember 2023, hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschieden, dass private Wirtschaftsauskunfteien bestimmte Daten nicht länger speichern dürfen als das öffentliche Insolvenzregister. Dabei ging es aber um die Restschuldbefreiung nach einer Privatinsolvenz, nicht um erledigte Zahlungsstörungen.
Ein entscheidender Unterschied, wie der BGH nun feststellte. Denn die Schufa greife hier nicht auf öffentliche Daten aus dem Schuldnerverzeichnis zu, sondern ihre Vertragspartner meldeten ihr Informationen über Gläubiger, Höhe und Inhalt der Forderungen.
Gesetzlich ist die Frist nicht geregelt. Es gibt aber im sogenannten Code of Conduct eigene Regeln der Wirtschaftsauskunfteien, die der hessische Datenschutzbeauftragte genehmigte. Demnach werden Daten über ausgeglichene Forderungen nach Zahlungsausfällen für drei Jahre gespeichert, unter bestimmten Voraussetzungen auch nur für 18 Monate.
Das hält der BGH grundsätzlich für einen angemessenen Ausgleich der Interessen beider Seiten - also der Schufa an einer möglichst guten Beurteilung der Kreditwürdigkeit und des früheren Schuldners, möglichst schnell wieder kreditwürdig zu sein. Es müsse aber möglich sein, dass der Schuldner besondere Umstände vorbringen kann, betonte der BGH.
Nach dem Urteil zeigten sich beide Seiten grundsätzlich zufrieden. "Ich hoffe natürlich, dass die Schufa gemäß dem Urteil in vielen Fällen, die wir auch vertreten, die Einträge löscht", sagte der Anwalt des Klägers. Es müsse im Einzelfall geprüft werden, ob Gründe für eine schnellere Löschung vorlägen - "in vielen Fällen, die wir vertreten, liegen diese Gründe vor".
Die Schufa begrüßte die BGH-Entscheidung, forderte aber eine weiter gehende gesetzliche Regelung. "Im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher, der Wirtschaft und auch zur Entlastung der deutschen Gerichte brauchen wir eine verlässliche gesetzliche Rechtsgrundlage über sämtliche Bonitätsinformationen und Speicherfristen, wie sie im Code of Conduct geregelt sind", sagte eine Sprecherin.
Linken-Chef Jan van Aken forderte nach der Urteilsverkündung die Abschaffung der Schufa. Die Bundesregierung müsse sie dichtmachen und durch eine staatliche Einrichtung ersetzen, sagte van Aken der "Bild"-Zeitung. Eine solche Einrichtung wäre "neutral, transparent und im Sinne der Menschen". Er kritisierte, dass ein Widerspruch gegen Schufa-Einträge "oft nicht möglich" sei. Auch die Kosten für eine Auskunft der Schufa beanstandete van Aken: Wer eine Wohnung mieten wolle, werde oft gezwungen, der Schufa "Geld in den Rachen zu werfen", sagte er.
Die Schufa ist die größte Auskunftei mit Einträgen von rund 68 Millionen Menschen. Ihre Werte zur Kreditwürdigkeit nutzen rund 10.000 Firmenkunden. Verbraucherinnen und Verbraucher können bei jeder Auskunftei kostenlos eine Auskunft über ihre Kreditwürdigkeit bekommen. Eine Bonitätsauskunft, die etwa Vermieter verlangen, kostet aber - bei der Schufa sind es 29,95 Euro.
