Brösel-Brücken in NRW: NRW droht neues Brücken-Chaos – Kritik an Bund und Land

Published 1 hour ago
Source: stern.de
Brösel-Brücken in NRW: NRW droht neues Brücken-Chaos – Kritik an Bund und Land

Marode Brücken und drohende Sperrungen wegen zu schwerer Lastkraftwagen beunruhigen an immer mehr Orten in Nordrhein-Westfalen Anwohner, Pendler und die regionale Wirtschaft. Jetzt geht es um Bonn.

Nordrhein-Westfalen wird sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten auf weitere erhebliche Verkehrseinschränkungen durch Sanierung und Ersatz maroder Brücken einstellen müssen. Diese Herausforderung bleibe bestehen, sagte NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) in einer Aktuellen Stunde des Düsseldorfer Landtags. Anlass war die bevorstehende Sperrung der stark beschädigten Bonner Nordbrücke für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen ab Mitte Januar.

Der Bund müsse bei der Sanierung maroder Verkehrsinfrastruktur deutlich mehr Tempo machen, forderte Krischer. Dessen Ziel, pro Jahr 400 Autobahnbrücken in Deutschland zu sanieren, sei in diesem Jahr mit nur 170 Brücken weit unterschritten worden. Er werde auf Bundesebene darauf pochen, dass Sanierung und Ersatzbauten Vorrang vor Neubau haben und dass die Mittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur dafür nach Bedarf und nicht nach Proporz verteilt werden.

Wer trägt die Verantwortung für massenhaft marode Brücken?

Die Oppositionsfraktionen warfen der schwarz-grünen Landesregierung vor, zu wenig Vorsorge getroffen zu haben, sodass nun ein Brücken-Desaster nach dem anderen das Land akut lähme. Es sei frech, die Verantwortung dafür auf den Bund zu schieben, sagte der SPD-Abgeordnete Alexander Vogt. "Wir erwarten Taten."

Auch der Grünen-Abgeordnete Martin Metz stellte fest: "Rheinbrücke Leverkusen, Talbrücke Rahmede, Emscher-Talbrücke, Haarbachtalbrücke, Wiehltalbrücke - das sind keine Einzelfälle. Es wird weitergehen." Solche etliche Jahrzehnte alten Brücken, die für viel geringere Traglasten ausgelegt worden seien, seien eine Generationen-Aufgabe.

Was kommt auf den Raum Bonn/Rhein-Sieg zu?

Die Stadt Bonn war nach eigenen Angaben in der vergangenen Woche von der Ankündigung der Autobahn GmbH überrascht worden, die gesamte Rheinbrücke Bonn-Nord der Autobahn 565 für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen zu sperren. Sonderuntersuchungen hätten zunehmende Schädigungen des 660 Meter langen Bauwerks aus den 60er Jahren zutage gefördert, lautete die Begründung des bundeseigenen Unternehmens.

Die durchschnittliche tägliche Verkehrsbelastung der Bonner Nordbrücke, der wichtigsten Ost-West-Verbindung für die Region Bonn/Rhein-Sieg, liege bei etwa 100.000 Kraftfahrzeugen - davon knapp 8.000 Lastkraftwagen, stellten die Koalitionsfraktionen fest. Jetzt gehe es darum, die Funktionalität der Brücke mit den richtigen Verstärkungsmaßnahmen möglichst lange zu sichern und gleichzeitig den Ersatzneubau beschleunigt und ohne überdimensionierte Ziele voranzutreiben, sagte der CDU-Abgeordnete Oliver Krauß. Dabei seien so viele Wohnhäuser wie möglich zu schützen statt abzureißen. 

Logistikverband: Tausende Lkw reihen sich in Staus ein 

Der Landesverband Verkehrswirtschaft und Logistik sieht in jedem Fall gravierende Auswirkungen auf Wirtschaft, Pendler und Anwohner zukommen. "Durch die anstehende Sperrung der Bonner Nordbrücke werden in den kommenden Jahren täglich rund 8.000 Lkw einen Umweg über den ohnehin überlasteten Kölner Autobahnring nehmen oder sich auf der innerstädtisch angebundene Kennedybrücke beziehungsweise der A 562 in den Stau einreihen und diesen so verschlimmern", stellte der Hauptgeschäftsführer des Verbands, Christoph Kösters, in einer Mitteilung fest. 

Für die Logistikunternehmen entstünden dadurch jährliche Mehrkosten in jeweils fünfstelliger Höhe. "Für die Volkswirtschaft ist dies eine dramatische Verschärfung der bestehenden Wirtschaftskrise, weil durch den Effizienzverlust Touren schlichtweg nicht mehr geschafft werden können", warnte er. Um einen Totalausfall der Brücke zu verhindern, müsse jetzt schnellstmöglich eine Schrankenanlage nach Leverkusener Vorbild errichtet werden. 

Minister setzt auf Silhouetten-Blitzer

Krischer berichtete, er habe dem Bundesverkehrsminister und der Autobahn GmbH einen sogenannten Silhouetten-Blitzer für die Bonner Nordbrücke vorgeschlagen, wie er auch an der Josef-Kardinal-Frings-Brücke in Düsseldorf zum Einsatz komme, um überschwere Lkw fernzuhalten. Die spezialisierten Blitzer erfassen mit Laser-Technologie nicht nur die Geschwindigkeit, sondern auch die genauen Abmessungen von Fahrzeugen. 

Der FDP-Abgeordnete Christof Rasche forderte einen Gesamtüberblick über den Zustand der Brücken in NRW. Den könne jeder für jede Brücke in Deutschland auf der Internetseite der Bundesanstalt für Straßen- und Verkehrswesen abrufen, hielt Krischer dagegen. Der AfD-Abgeordnete Klaus Esser zählte eine lange Liste maroder Brücken in NRW auf und warf der Landesregierung vor, statt Verkehrspolitik nur noch Dauerkrisenverwaltung zu betreiben.

Spottverse zu Weihnachten

Die SPD-Opposition wollte die letzte Plenarsitzung des Jahres "versöhnlich" ausklingen lassen. Ihr Abgeordneter Vogt versuchte es mit selbst gedichteten Reimen: "Advent, Advent, ein Bremslicht brennt. Stau eins, Stau zwei, Stau drei, Stau vier. So stehst du heut noch lange hier. Minister Krischer zählt das Geld, spart kaputt, was Brücken hält. Du beißt vor Wut ins Lenkrad rein. Für Wüst egal, für ihn zählt nur der schöne Schein."

Der CDU-Abgeordnete Daniel Scheen-Pauls empfahl ihm daraufhin: "Nutzen Sie einfach die Zeit bis Heiligabend, um an ihren Dichtkünsten zu arbeiten. Das scheint bitter nötig zu sein."

Categories

NRWNordrhein-WestfalenBonnOliver KrischerDüsseldorfFahrzeugLastkraftwagenVerkehrseinschränkungDeutschlandPendler