Auf dem Boden rutschend eine Deutschlandflagge ablecken: Philip Steinbeck von der AfD drangsaliert in einem Video Jugendliche. Gegen ihn laufen nun Ermittlungen.
Die AfD will den umstrittenen Kommunalpolitiker Philip Steinbeck aus Lübtheen (Kreis Ludwigslust-Parchim) aus der Partei werfen. Grund sei dessen Vorgehen gegen zwei Jugendliche, das in einem Video festgehalten wurde und zeigt, wie diese gedemütigt werden.
"Der Landesvorstand hat sich in einer Sondersitzung mit dem Vorfall befasst und ein Parteiausschlussverfahren gegen Herrn Steinbeck eingeleitet", teilte AfD-Landeschef Leif-Erik Holm auf Anfrage mit. Zuvor hatte der NDR darüber berichtet, der auch Szenen aus dem Video veröffentlichte.
Der kurze Film zeigt, wie zwei Jugendliche auf Knien rutschend aus einem Haus getrieben und dabei zum Teil auch beschimpft und am Ohr gezogen werden. Zudem werden sie aufgefordert, eine vor dem Gebäude liegende Deutschlandfahne sauberzulecken.
"Das Verhalten gegenüber den Jugendlichen ist in dieser Form nicht hinnehmbar, auch wenn diese wohl zuvor unberechtigt in die Liegenschaft des Herrn Steinbeck eingedrungen waren. Die AfD MV handelt konsequent als Rechtsstaatspartei, so auch in diesem Fall", sagte Holm. Der Vorfall soll sich bereits im Sommer zugetragen haben.
AfD-Politiker Philip Steinbeck räumt "martialischen Auftritt" ein
Steinbeck erklärte auf Nachfrage, dass Jugendliche mehrfach in das ihm gehörende ehemalige Tanzlokal eingedrungen seien, um dort illegale Partys zu feiern. Durch Zufall habe er mitbekommen, dass mehrere Jugendliche erneut in dem leerstehenden Gebäude herumhantierten. Er sei dagegen rigoros eingeschritten und habe zwei von ihnen mit lauter Stimme aufgefordert, sofort auf die Knie zu gehen, um sie einzuschüchtern.
"Mein zugegeben martialischer Auftritt wirkt selbst auf mich im Nachhinein etwas befremdlich", räumte Steinbeck ein. Die Szene habe er mit dem Handy selbst festgehalten, "um für mich die Leute festzuhalten und damit quasi meinem Auftreten Nachdruck zu verleihen". Die Aufforderung, die Fahne abzulecken, sei aus Wut und Empörung erfolgt. "Indes hatte ich niemals erwartet, dass diese Aufforderung wörtlich genommen wird", sagte Steinbeck, der bislang für die AfD im Kreistag von Ludwigslust/Parchim sitzt.
Der Linke-Landtagsabgeordnete Michael Noetzel bezeichnete das angekündigte Parteiausschlussverfahren als Feigenblatt und durchschaubaren Versuch der Imagerettung. "Die extrem rechte AfD versucht, der Öffentlichkeit so vorzugaukeln, dass es noch ein paar weiße Flecken auf ihrer sonst blau-braunen Weste gäbe. Es muss doch allen klar sein, dass "Charaktere" wie Steinbeck Teil der AfD-DNA sind", erklärte Noetzel. Erst die Veröffentlichung des Videos habe die AfD-Spitze veranlasst, sich öffentlich zu distanzieren.
Ermittlungen wegen Körperverletzung, Beleidigung und Nötigung
Die Polizei hat nach Angaben eines Sprechers Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung und Nötigung gegen den Kommunalpolitiker eingeleitet. Nach dessen Aussage gehen diese Untersuchungen aber nicht auf Anzeigen der betroffenen Jugendlichen zurück, mit denen er sich darauf verständigt habe, auf gegenseitige Strafanzeigen zu verzichten, sondern auf eine familieninterne Auseinandersetzung.
Medienberichten zufolge gibt es aber eine Anzeige wegen des Vorfalls am "Volkshaus". Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei wollten unter Hinweis auf die laufenden Ermittlungen keine näheren Angaben dazu machen.
Steinbeck war bereits im August in die Schlagzeilen geraten, als die Polizei den Wohnsitz des 60-jährigen Unternehmers durchsuchte und dabei nach eigenen Angaben Waffen und Sprengstoff sicherstellte. Nun wird geprüft, ob Verstöße gegen das Waffenrecht vorliegen. Die Ergebnisse der waffenrechtlichen Prüfungen stehen laut Staatsanwaltschaft noch aus. Steinbeck sprach von Schwarzpulver für Vorderlader und Deko-Waffen. Dem Vernehmen wurden dem Sportschützen die waffenrechtlichen Erlaubnisse entzogen.
