Die Bundesregierung hat erstmals seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs im Jahr 2011 wieder einen verurteilten Straftäter nach Syrien abgeschoben. Der Mann sei am Dienstagvormittag den Behörden in der syrischen Hauptstadt Damaskus übergeben worden, teilte das Bundesinnenministerium in Berlin mit. Demnach wurde mit der syrischen Regierung eine Vereinbarung erzielt, "dass Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern künftig regelhaft stattfinden können".
In Syrien hatte die islamistische HTS-Miliz im Dezember 2024 den langjährigen Machthabers Baschar al-Assad gestürzt. Die Bundesregierung führt seit mehreren Monaten Gespräche mit Damaskus über eine Wiederaufnahme von Abschiebungen. Hilfsorganisationen und Teile der Opposition kritisierten dies. Sie verwiesen auf die weiterhin prekäre Lage in Syrien.
Der nach Syrien abgeschobene Mann hatte laut Bundesinnenministerium in Nordrhein-Westfalen wegen besonders schweren Raubes, Körperverletzung und Erpressung eine Haftstrafe verbüßt. Laut "Bild"-Zeitung wurde er von Bundespolizisten auf einem Linienflug nach Damaskus gebracht.
Am Dienstagmorgen sei zudem erneut ein Straftäter nach Afghanistan abgeschoben worden, erklärte das Innenministerium weiter. Er befand sich demnach in Bayern unter anderem wegen vorsätzlicher Körperverletzung im Gefängnis. Im Juli war erstmals seit knapp einem Jahr wieder ein Abschiebeflug von Deutschland nach Afghanistan gestartet.
"Unsere Gesellschaft hat ein berechtigtes Interesse daran, dass Straftäter unser Land verlassen", erklärte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU). "Wir stehen für Kontrolle, Konsequenz und klare Kante."
Der Koalitionspartner SPD begrüßte die Abschiebung "von schweren Straftätern". Sie sei "ein richtiges Signal", sagte Parlamentsgeschäftsführer Dirk Wiese der Nachrichtenagentur AFP. Und sie entspreche "der Vereinbarung, die wir im Koalitionsvertrag geschlossen haben".
"Der allergrößte Teil der hier Angekommenen und Schutzsuchenden hält sich an Recht und Gesetz und wird im Hinblick auf den Fach- und Arbeitsmangel auch dringend gebraucht", betonte Wiese weiter. "Aber wer sich nicht an die Spielregeln hält, der muss auch die Konsequenzen tragen - und wenn es hart auf hart kommt, gehen. So funktioniert der Rechtsstaat. Und diese Möglichkeit muss der Staat haben."
Die Linke im Bundestag kritisierten die Abschiebung nach Syrien. "Syrien ist weiterhin nicht sicher", sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Clara Bünger AFP. "Zahlreiche aktuelle Berichte dokumentieren Folter, Willkürhaft, Verschwindenlassen und Gewalt." Dass die Bundesregierung "Hunderttausende Euro in symbolische Abschiebepolitik steckt und zugleich Kontakte zum Umfeld der neuen Machthaber und der HTS sucht, ist gefährlich und politisch verantwortungslos."
